Premiere in der Südheide                       

(Text und Fotos Anke Brügmann, Oktober 2014 )

Gestatten, mein Name ist Fatano. Die blonde Dame neben mir am Anbindebalken ist Karolle.

Unsere Zweibeinerinnen haben sich hier mit uns in der Südheide getroffen, um die letzten schönen Herbsttage zu genießen, und zwar auf unseren Rücken. 


Karolle ist ein erfahrenes Wanderreitpferd, höre ich. Sie hat schon viele Kilometer in allen möglichen Ecken von Deutschland zurückgelegt, und ist durch nichts mehr zu erschrecken.

Davon soll ich mir wohl eine Scheibe abschneiden, jedenfalls bin ich absoluter Grünschnabel auf diesem Gebiet und - außer ein paar Schritt-Ausritten in meinem Heimatgebiet - noch nicht viel herumgekommen. 

Aber nun kommt die große Bewährungsprobe: Ich soll brav und geduldig sein, mich nicht erschrecken und aufregen, fleißig aber entspannt vorwärts gehen, freundlich und höflich zu Karolle sein. Das alles wünscht sich meine Zweibeinerin von mir, hat sie gesagt. Ok, wir werden sehen. 

Wow, die Wege hier, rund um Severloh, fühlen sich wirklich toll an unter den Hufen. Sandig aber nicht zu tief, schön federnd und keine Steine. Es ist warm, die Sonne scheint ein bisschen, und der bunte Herbstwald hebt die Laune unserer Reiterinnen. 

Erst einmal gehen wir im Schritt. Vor dem Aufsitzen und auch zwischendurch steigen die beiden Damen mal für eine Weile ab, und wir gehen zu viert eine Strecke nebeneinander her. Die beiden Zweibeinerinnen schwatzen, und Karolle und ich denken uns unseren Teil. Karolle ist übrigens ein prima Kumpel, kein bisschen zickig. Aber ich weiß natürlich auch, was sich gehört, einer Dame gegenüber und bin höflich und zurückhaltend. Dafür zeigt sie mir, wie man sich so benimmt als gutes Wanderreitpferd, und ich kann einiges von ihr lernen.

Bei unserer ersten großen Pause, mitten auf dem Hof in Severloh, gibt es einiges zu sehen. Viele machen hier Ferien, und es herrscht ein ewiges Kommen und Gehen von Menschen, Radfahrern, Pferden, Reitern, Kindern, Hunden…

Karolle sagt, "Kümmer dich nicht darum, nutz die Zeit lieber, um Dich ein bisschen auszuruhen. Die haben bestimmt noch Einiges mit uns vor."

Und Recht hat sie. Weiter geht es, in flottem Schritt, ein Stück auf dem Jakobsweg.

Über das Klicken vom Fotoapparat hab ich mich zuerst gewundert, aber jetzt weiß ich, was das für ein Geräusch ist und wackel kaum noch mit dem Ohr.

In der Pause schauen wir gemeinsam in der Karte, auf welchem Weg wir zurück reiten wollen - es gibt unendlich viele Möglichkeiten!

Und dann sollen wir noch in die Kamera lächeln (bisschen verwackelt…).

Und auch das klappt... Die beiden Zweibeinerinnen sind entzückt und loben mich und sagen, ich werde mal ein klasse Wanderreitpferd. Keine Ahnung, warum sie wegen ein bisschen Pipi so einen Wind machen.


Weiter geht es. Ewig Schritt ist langweilig, findet Karolle, und so schlage ich einen lockeren Trab vor. Auch das ist neu für mich, aber es gefällt mir sofort. Wir laufen nebeneinander her, in gleichbleibendem Tempo. Wenn ich mal etwas Unbekanntes am Wegrand studieren muss und etwas langsamer werde, wird Karolle auch langsamer, bis wir wieder auf einer Höhe sind. Die Damen auf unserem Rücken lachen und freuen sich, dass es so gut klappt mit uns, und loben uns kräftig. Aber ich muss sagen, dass es auch wirklich einen Riesenspaß macht! So geht der Rückweg buchstäblich wie im Flug, und bald ist es Zeit, die letzten Minuten im Schritt zu gehen. 


Feierabend - juhu! Nach dem Absatteln und ein wenig Körperpflege kommt das Beste: Ein ausgiebiges Bad im Heidesand.

Wer sagt eigentlich, dass Sand immer weiß sein muss? Hier ist er jedenfalls verdammt schwarz und fein wie Mehl und dringt in alle Poren.

Wir naschen ein bisschen Gras und hauen rein beim Heu. Karolle steht das satte Schwarz auf blondem Grund besonders gut.

Ah, neue Nachbarn, scheinbar ganz nett. 


Unsere Damen genehmigen sich derweil auf der Terrasse ein Stück Torte (täglich). Ob sie sich vorher die Finger gewaschen haben??

Abends in der Box schmeckt das Futter nochmal so gut, nach so einem ereignisreichen Tag. Beim Wegdösen denke ich noch, ich wäre gern ein richtiges Wanderreitpferd. Marschieren und viel Neues sehen, gefällt mit richtig gut! Aber ich glaube, unsere Zweibeinerinnen haben schon ein neues Treffen ausgeheckt, im Frühjahr…. zzzzz… gute Nacht! 


Euer Fatano vom Dream-Team "Schwarze Erde"


*Lucia Yuen mit Karolle, Berberstute, 15 Jahre; Anke Brügmann mit Fatano, Araber-Berberwallach, 7 Jahre.